Dark Tourism liegt im Trend
Reiseziele wie Tschernobyl üben eine zunehmend große Anziehungskraft aus. Doch woher kommt die Faszination für das „Dunkle“? In einem Interview spricht Dr. Philip Stone, Executive Director, Institute of Dark Tourism Research (iDRT) an der University of Central Lancahshire, Preston, England, über das Phänomen.
Dr. Philip Stone – woher rührt die Faszination am „Dark Tourism“?
Zunächst einmal bezeichnet der Ausdruck „Dark Tourism“ die akademische Einordnung, um Reisen zu Orten von Tod und Katastrophe zu bezeichnen. Zum anderen ist die Faszination bei vielen Menschen Bestandteil einer Sehnsucht, Zeuge von Unglücksorten zu werden und davon, wie andere unter tragischen Umständen ums Leben kamen.
Würden Sie sagen, das Interesse der Reisenden hat in den vergangenen Jahren zugenommen?
Dark Tourism hat sicherlich den Umgang mit der Thematik in Schule und Medien beeinflusst. Deutlich schwerer zu beurteilen ist, ob es einen entsprechenden Anstieg der Besuche solcher Attraktionen gibt. Auf jeden Fall verändert hat sich die Art, wie Gesellschaften mit einem Erbe umgehen, das „wehtut“. Und das ist es womöglich, was das Phänomen antreibt.
Welche wären besonders gute Beispiel für Dark Tourism?
Dark Tourism existiert in vielen unterschiedlichen Formen. Die Hauptfrage ist, wie Orte den Akt von Unglücksfällen darstellen und wie wir Ereignisse von Schuld sowie Orte von Schmerz repräsentieren. Bekannte Beispiele sind Tschernobyl in der Ukraine oder die „Killing Fields“ in Kambodscha.
Gibt es denn auch Kritik an dieser sehr speziellen Reiseform?
Oftmals wird Kritik im Zuge einer scheinbar moralischen Panik geäußert, die vom Dark Tourism ausgelöst wird. Natürlich sind die ethnischen Dimensionen dieses Reise-Konsums facettenreich und relativ und damit schwer zu erforschen. Dennoch ist es richtig, eine Debatte über den Besuch spezifischer Dark Tourism-Orte zu führen und die breiteren Auswirkungen dieser Tourismus-Art zu verstehen.
Warum haben Sie sich persönlich dafür entscheiden, sich auf das Thema zu konzentrieren?
Ich interessiere mich für Thanatologie – die Wissenschaft der gesellschaftlichen Reaktion auf Tod und Sterblichkeit. Dark Tourism ist ein thanatologisches Interesse dafür, wie wir mit dem bedeutsamen Thema Tod umgehen und wie und warum wir bestimmter Arten von Tod und Gräuel gedenken. Eng damit verbunden sind politische, kulturelle und soziologische Aspekte.
Quelle: newsroom.itb-berlin.de