Interview mit Taleb Rifai, Generalsekretär der Welttourismusorganisation

03 Juni 2014 6:23pm
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Interview mit Taleb Rifai, Generalsekretär der Welttourismusorganisation

1980, als erstmalig der Welttourismustag begangen wurde, gab es 278 Millionen Touristen, die jährlich durch die Welt reisten. In etwas mehr als zwei Jahrzehnten hat sich diese Zahl fast vervierfacht.

Vor 35 Jahren wurde auf eben diesem Szenario der Welttourismustag eingerichtet. Wie hat sich Ihrer Meinung nach die Industrie seitdem entwickelt?

Der Tourismus hat sich in den letzten 35 Jahren verändert und übertraf den Rekord von einer Milliarde Touristen im Jahr 2012, nachdem im letzten Jahr 1,087 Milliarden Touristen gezählt wurden.

Die Karte des internationalen Tourismus hat sich ebenfalls deutlich verändert. Die traditionellen Reiseziele in Europa und Nordamerika sind Zeugen dessen, wie von Asien bis Lateinamerika Destinationen aus Schwellenländern ihren Platz in einem stark umkämpften internationalen Tourismusmarkt behaupten. Europa bleibt die meistbesuchte Region der Welt mit über 50 % der internationalen Touristen, aber trotz allem haben die Schwellenländer ein außergewöhnliches Wachstum verzeichnet.

Vor allem muss der Tourismus zu einer der wichtigsten sozial-ökonomischen Branchen unserer Zeit werden. Was einst eine wenigen Privilegierten vorbehaltene Aktivität war, stellt heute einen milliardenschweren Wirtschaftszweig dar, der 9% des Welt-BIP, 30 % der Exporte von Dienstleistungen und einen von elf Arbeitsplätzen weltweit schafft. Darüber hinaus ist der Tourismus zu einem Werkzeug für die Entwicklung geworden, über das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen hinaus, und leistet somit auch einen Beitrag zur sozialen Entwicklung und der Armutsbekämpfung.

Torremolinos war Vorreiter in Spanien in der Entwicklung des Tourismus als Industrie. Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung dieser Tätigkeit in der Stadt und in ihrem Kongresspalast?

Über Jahrzehnte hinweg hat Torremolinos durch seine schönen Strände und gutes Wetter Touristen aus der ganzen Welt angezogen. Dank dessen wurde eine starke Marke geschaffen und dies hilft Spanien, sich als eine der wichtigsten Tourismusdestinationen der Welt und Torremolinos als ein Symbol des Mittelmeer-Tourismus in Andalusien zu positionieren.

Die Begehung internationaler Events in seinem Kongresszentrum ist eine Tätigkeit mit direkten Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft und ein zusätzlicher Vorteil bei der Positionierung von Torremolinos als Reiseziel. Was halten Sie von Euroal als Jahresversammlung der Länder Lateinamerikas und Europas zur Förderung des Tourismus?

Euroal bringt wichtige Akteure in der Tourismusbranche mit Experten aus Europa und Amerika zusammen. Es repräsentiert das Potenzial Spaniens, beide Seiten des Atlantiks abzudecken, um relevante touristische Produkte zu präsentieren sowie den Austausch von Wissen und Best Practices, was zweifellos ermöglichen wird, dass die Tourismusbranche den aktuellen Herausforderungen begegnen und die bestehenden Chancen zu nutzen kann.

Fünf Perspektiven oder Ideen über die mögliche Entwicklung des Tourismus in den kommenden Jahren:

1. Der Tourismus ist gekommen, um zu bleiben: Der internationale Tourismus wird auch weiterhin stetig wachsen, nachdem er zu einem integralen Bestandteil des Lebensstils von immer mehr Menschen und ein Menschenrecht geworden ist. Im Jahr 2030, so prognostiziert die UNWTO, werden jedes Jahr 1,800 Milliarden Touristen durch die Welt reisen.

2. Die touristische Landkarte verändert sich: Wir werden auch weiterhin ein starkes Wachstum der neuen Destinationen beobachten. Nach unserer langfristigen Prognose des Tourismus bis 2030, werden 57% der weltweiten Ankünfte in aufstrebenden Destinationen stattfinden, im Vergleich zu nur 30% im Jahr 1980.

3. Die Nachhaltigkeit muss zu etwas Normalem werden, zu einem festen Bestandteil der Tourismuspolitik und der Geschäftspraktiken, wenn wir die Industrie zu einem wahren Antrieb der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklung machen wollen.

4. Die Vorzüge des Tourismus sollten geteilt werden: Wir müssen dafür sorgen, dass sie durch die Aufnahmegemeinden geteilt werden und dass sie an Entscheidungen über die Entwicklung des Tourismus teilnehmen.

5. Tourismus ist Innovation: Dank der technologischen Revolution ist die Art zu reisen heute ganz anders als dies vorher war. Die Technologie ist Bestandteil jeder Etappe der Reise, die Planung, der Kauf der Reise an sich, sogar die Art, wie wir unsere Erfahrungen mitteilen, und dieser Trend wird sich wahrscheinlich auch in Zukunft fortsetzen.
 

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